Aktuelles vom RHG
Veranstaltung mit Ulrike Renk am RHG
- 20. April 2020
- Gepostet von: RHG-Redaktion
- Kategorie: Veranstaltungen

Am 5. März 2020 war es endlich soweit und die Veranstaltungsreihe ging in die zweite Runde. Diesmal konnte die Spiegel-Bestsellerautorin Ulrike Renk gewonnen werden.
Renk studierte Anglistik, Literaturwissenschaft und Soziologie und ist heute erfolgreiche Autorin von zahlreichen Kriminal- und Historienromanen und arbeitet als Herausgeberin und Lektorin. Sehr häufig spielen ihre Geschichten in ihrer Wahlheimat Krefeld, der Seidenstadt, wie zum Beispiel ihre Kriminalromane „Seidenstadt-Leiche“, „Seidenstadt-Morde“, „Seidenstadt-Sumpf“ und „Seidenstadtrache“.
In ihren historischen Romanen beschäftigt sich Renk mit unterschiedlichsten Zeiten und Orten, so führt die „Australiensaga“ die Leserschaft in das ausgehende 19. Jahrhundert oder die „Ostpreußensaga“ in die Zeit nach dem ersten Weltkrieg.
Mit den bisher erschienenen Bänden der „Seidenstadtsaga“ („Jahre aus Seide“, „Zeit aus Glas“, „Tage des Lichts“) rückt Renk erneut Krefeld in den Fokus, speziell die Geschichte der jüdischen Familie Meyer, die bis zur Pogromnacht auf der Friedrich-Ebert-Straße wohnte.
Wenngleich es sich auch wiederum bei diesem Werk Renks um Romane und keine Biographien handelt, so liegt der „Seidenstadtsaga“ eine wahre Familiengeschichte zugrunde, eine Familiengeschichte, auf die die Autorin – wie sie erzählt – bei einem Besuch in der Villa Merländer gestoßen ist und die sie von Anfang an gefesselt hat. Das Besondere für uns als Schule: Die Protagonistin, Ruth Meyer, war 5 Jahre (von April 1932 bis Herbst 1937) Schülerin des heutigen Ricarda-Huch-Gymnasiums.
So wird in „Jahre aus Seide“, der erste Band der „Seidenstadtsaga“, der die Zeit von 1926 bis 1938 thematisiert, immer wieder von Ruths Erlebnissen und Erfahrungen an unserer Schule, damals Lyzeum genannt, erzählt. Neben ausgewählten Passagen aus allen drei Bänden, die Ulrike Renk für diesen Abend ausgewählt hatte, las sie, bezugnehmend auf unsere Schule als historischen Handlungsort, Textstellen, in denen von Ruths erstem Schultag, ihren Lieblingsfächern, ihren Lehrern und Klassenkameraden berichtet wird bis zu dem Tag, an dem der Schulleiter Dr. Dörsing Ruth mitteilen musste, dass sie, weil sie Jüdin war, die Schule zu verlassen hatte. Dr. Dörsing ermöglichte ihr, eine Prüfung abzulegen, sodass sie die mittlere Reife erwerben konnte. Hier sei am Rande erwähnt, dass Ruth mit Dr. Dörsing auch nach ihrer Emigration nach Amerika in Kontakt blieb.
Wie das Feedback von Seiten des Publikums am Schluss der Veranstaltung zeigte, waren die drei Videoeinspielungen, die die Lesung inhaltlich ergänzten, besonders berührend. Aus einem Interview, das 1996 mit Ruth, inzwischen 75-jährig, in ihrem Haus in Kalifornien geführt wurde, wurden zwei Sequenzen gezeigt: zum einen Ruths Bericht über ihre 5-jährige Schulzeit am Lyzeum, zum anderen ihre sehr emotionale Schilderung der Ereignisse in der Reichskristallnacht. In einem weiteren Video meldete sich Ruths Sohn – Prof. Dr. David Elcott – , in New York lebend und an einer dortigen Universität tätig, mit einer ganz persönlichen Botschaft an die Besucher der Veranstaltung. Zunächst nahm er Bezug auf die Schulzeit seiner Mutter am Lyzeum und auf einen Besuch, den sie im Jahr 1987 unserer Schule abgestattet hatte, um mit Schülern und Schülerinnen über die schrecklichen Erlebnisse der Nazi-Zeit zu sprechen. Dass diese nie in Vergessenheit geraten mögen, war für Ruth ein essentielles Anliegen Zeit ihres Lebens. In diesem Sinne ist auch ihr Sohn David sowohl im beruflichen als auch privatem Bereich engagiert.
In seiner Videobotschaft drückte er dem Publikum in der Aula des RHGs seine Dankbarkeit aus für das Interesse an dem Schicksal seiner Familie, das stellvertretend für alle Juden stehe, und für jede – noch so kleine – Initiative, die dazu beitrage, dass grausame Geschichte sich nicht wiederhole.
Es war eine sehr anregende und lebendige Veranstaltung, die die Zuhörer – alle Altersstufen waren vertreten – berührt und zum kritischen Nachdenken auch bezüglich heutiger politischer Tendenzen angeregt hat – und damit auch einem großen Anliegen der Autorin nachkam, die sich in ihrem Nachwort zum dritten Band mit folgenden Worten an die Leser wendet: „Lassen Sie nie wieder das geschehen, was damals hier passiert ist, und es sollte nirgendwo in der Welt geschehen. Niemals mehr.“ (Ulrike Renk, Tage des Lichts, S. 556)
D.Thomas
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