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Ein facettenreicher Einblick in das Priesterleben – Pastor Olding berichtet
- 2. September 2021
- Gepostet von: RHG-Redaktion
- Kategorie: Religion

Am Montag, den 14.06.2021, hat der katholische Religionskurs der Q1 von Herrn Erkens Besuch von Pastor Christian Olding bekommen. Er ist als Priester in der Gemeinde in Geldern tätig und uns Schülern, aus von ihm selbst produzierten Videos, bekannt. Abschließend zu unserem Unterrichtsthema „Ekklesiologie“ wurde Herr Olding eingeladen, unsere Fragen zu diesem Thema, Religion an sich, aber auch zu ihm persönlich zu beantworten. Dabei hat er uns Einblicke geliefert, z.B. wie er zu seinem Glauben kam, was er an der Institution Kirche kritisch sieht und er hat zu vielen anderen Fragen ehrliche Antworten gegeben.
Im Gespräch mit Pastor Olding haben wir als Schüler gemerkt, dass er eine sehr moderne und reflektierte Sicht auf die Entscheidungen der katholischen Kirche in den letzten Jahren hat. Dies kann man schon an seinem Äußerem festmachen, da er beide Arme mit Tattoos bedeckt hat, was für einen Pastor sehr ungewöhnlich ist. Neben diesem äußerlichen Indiz merkt man auch im Gespräch mit ihm, dass die Probleme und Fehler der Kirche ihn beschäftigen und er die modernere Seite der Kirche repräsentiert. Beispielsweise zögerte er nicht lange, als die Frage aufkam, welche eine Sache er gerne an der Kirche ändern würde und antwortete: „Ich würde alle Bischöfe, die vor 2010 geweiht wurden, entlassen.“ Dass er damit die Missbrauchsvorfälle meint und sich von diesen distanziert, hat im Kurs ein Raunen ausgelöst, weil niemand mit so einer Antwort gerechnet hat. Er hat unserem Kurs auch erzählt, dass er den Glauben an die Institution Kirche verloren habe, was nicht bedeutet, seinen Glauben zu verlieren, aber was nochmals verdeutlicht, dass er die Aktionen der Kirche nicht unterstützt. Seine Ehrlichkeit hat dem Gespräch gutgetan. Es folgten Fragen, wie die nach seiner Meinung über das Zölibat. Dazu meinte er, dass er es zwar als veraltet ansieht, aber nicht denkt, dass es dadurch mehr Priester gäbe. Er lebt gerne im Zölibat, da es ihm ermöglicht so zu leben, wie er es tut. Sein Tag ist neben Planung und Durchführung von Messen, Hausbesuchen und anderen priesterlichen Verpflichtungen von Unterricht geprägt, da er an einem Berufskolleg Religion unterrichtet. Dies ist wichtig für ihn, weil er so in das Gespräch mit den Jugendlichen kommt und diese ihn immer wieder inspirieren. Unsere Generation setzt sich viel für die LGBTQ+ Community und die Vielfalt der Menschheit ein.
Die Antwort auf die Frage „Warum bist du Priester geworden?“ hat den Kurs sehr beeindruckt. Im Alter von 13 Jahren hat er den Weg zum Glauben gefunden, nachdem sein Vater Suizid begangen hat. Er hat die Situation erst gar nicht verstanden, sondern hat die Lateinvokabeln für den Test am nächsten Tag gelernt und am Abend etwas geweint, woraufhin seine Tante meint: „Christian, echte Indianer weinen nicht.“ Eines Tages ging er dann in die Kirche, in der Hoffnung, dass das Anzünden einer Kerze helfen würde – Achtung, Spoiler: Hat es nicht. Darum lief er durch die Kirche und blieb vor Jesu Kreuz stehen, dessen Erscheinung seine emotionale Lage widerspiegelte. Diese Verbindung hält bis heute seinen Glauben lebendig, denn wie er selbst meinte, gibt es durchaus Tage, an denen er gerne einfach alles hinwerfen möchte oder sich von Gott verlassen fühlt. Neben der Kritik, die er äußerte, lieferte Olding auch direkt Lösungsvorschläge.
Pastor Olding hat unserem Kurs gezeigt, dass auch Geistliche moderne Ansichten haben können, Jugendliche durchaus einen Platz in der Kirche haben und jeder selbst zu seinem Glauben finden muss. Der Kurs hat in der Nachbesprechung ausschließlich positiv über Pastor Olding und das Gespräch mit ihm reflektiert. Besonders durch die Offenheit und Ehrlichkeit punktete Olding bei uns Schülern. Das ganze Gespräch war besonders deshalb authentisch, weil Herr Olding über seinen persönlichen Werdegang gesprochen hat und es nicht wie ein Vortrag wirkte. Vielmehr war es ein Dialog auf Augenhöhe mit uns Schülern. Daher wollen wir ihm an dieser Stelle nochmals im Namen aller für das offene Gespräch danken.
Hannah Bertelsbeck, Sina Winkmann (Jgst. Q1)