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Dokumentarfilmer Filip Huygens am RHG – Langzeitdokumentation über einen VK1-Flüchtling aus Moria
- 23. Juni 2022
- Gepostet von: RHG-Redaktion
- Kategorie: Allgemein
Am 03.06.2022 besuchte uns spontan der Dokumentarfilmer Filip Huygens aus Belgien, um seinen Freund Sina Moradi in unserer Vorbereitungsklasse VK1 im Unterricht zu filmen. Sina ist 15 Jahre alt und ist mit seinen Eltern und den zwei kleinen Brüdern 2018 aus dem Iran geflohen.
Kennengelernt haben sich Filip Huygens und Sina vor zwei Jahren im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Dort hat Sina zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern in einem kleinen Zelt unter katastrophalen hygienischen und sozialen Bedingungen zwei Jahre lang gelebt.
Einige erinnern sich vielleicht, dass das Flüchtlingslager Moria mit mehr als 12.000 Flüchtlingen am 09.09.2020 komplett abgebrannt ist.
Sina Moradi und Manisha Hakimi aus der VK1 haben diesen Brand mit ihren Familien erlebt.
In den ersten beiden Unterrichtsstunden im Deutschunterricht hat Filip Huygens Filmaufnahmen von Sina und der Klasse gemacht, um der Dokumentation von Sina einen glücklichen Abschluss zu geben, in dem Sinas größter Wunsch in Erfüllung geht:
Sina darf zur Schule gehen und lernen.
Da der Filmtermin sehr spontan war, hatten alle Mitschülerinnen und Mitschüler in der Klasse anschließend so viele Fragen an Sina über seine Erlebnisse in Moria, dass wir kurzerhand entschieden haben, Sina und Manisha von ihrem Leben im bis dahin größten Flüchtlingslager Europas berichten zu lassen.
Die Schülerinnen und Schüler in der VK1 stellten schnell fest, dass Augenzeugenberichte etwas völlig anderes sind, als Nachrichten in den Medien und entsprechend emotional und tränenreich waren die nächsten Stunden. In weiteren Gesprächen haben wir erfahren, dass Sina und Manisha nicht die Einzigen in der Klasse mit schweren Schicksalen und außergewöhnlichen Erfahrungen sind.
Aber am Ende konnten wir alle zusammen lachen und sind enger zusammengewachsen.
PS.: Filip Huygens möchte die Klasse im Herbst für weitere Filmaufnahmen noch einmal besuchen und, wenn wir alle viel Glück haben, dürfen wir uns den Dokumentarfilm über Sinas Leben hier am RHG nächstes Jahr als Vorpremiere ansehen.
PPS.: Ich denke, wir alle dürfen durch den furchtbaren Ukrainekrieg alle anderen Schicksale am RHG und in der VK1 nicht vergessen. Wir haben Jugendliche, die ein Jahr lang auf ihre Mütter verzichten mussten, weil sie als OP-Schwestern nach Deutschland gegangen sind mit der Absicht, Ihre Familien nachzuholen, um ihren Kindern eine bessere Zukunft zu bieten. Wir haben auch Jugendliche in der Klasse, die 14 Jahre auf ihre Mütter verzichten mussten, weil sie in Deutschland gearbeitet haben, um ihre Familien finanziell zu unterstützen. Erst mit 14 Jahren durften diese Jugendlichen endlich zu ihren Müttern nachziehen. In der VK1 sind Jugendliche, die zu uns geflüchtet oder umgesiedelt sind, weil sie mitansehen mussten, wie Menschen vor ihren Augen umgebracht wurden. Wir haben Jugendliche in der Klasse, die aus den ärmsten Gegenden Südosteuropas kommen und deren Eltern Analphabeten sind. Diese Eltern können ihre Kinder nicht unterstützen. Und wir haben einen Schüler in der Klasse, der jahrelang zu uns nach Deutschland unterwegs war und oft die Rolle des Familienoberhaupts übernehmen musste.
… und dann sind da diese zwei Jugendlichen, die zwei Jahre in Moria gelebt haben, unter unmenschlichen Umständen.
Sie ALLE mussten früh erwachsen werden, werden NIE vergessen, was sie erlebt haben, und sie ALLE sollten in unserer Obhut noch einmal Kind sein dürfen.
C.Meyering
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